Auf dieser Seite finden Sie Informationen zu den Holzschuher Archivalien und deren Archivorte.
Das Archiv der Patrizierfamilie Holzschuher von Harrlach im Stadtarchiv Nürnberg
von Michael Diefenbacher
Im September 2001 erhielt das Stadtarchiv Nürnberg eine äußerst wertvolle Bereicherung seiner Bestände: das Archiv der ehemaligen Nürnberger Patrizierfamilie von Holzschuher [1]. Die feierliche Übergabe des Archivs durch Freiherrn Wolf von Holzschuher fand in Beisein des Nürnberger Oberbürgermeisters Ludwig Scholz am 16. Januar 2002 in den Räumen des Stadtarchivs statt Holzschuher [2] .
Die Holzschuher, später genannt von Harrlach, sind spätestens seit 1228 in Nürnberg ansässig [3] und zählen damit neben den Ebner [4], Grundherr [5] und Stromer [6] zu den ältesten heute noch blühenden Patriziergeschlechtern Nürnbergs [7]. Bereits seit 1318/19, also von Anfang an, sind Holzschuher im Nürnberger Kleinen Rat, dem Entscheidungsgremium der Reichsstadt vertreten [8]. Allein bis 1565 waren 38 Familienangehörige Mitglieder in diesem Gremium [9]. Viele haben als Beamte und Diplomaten das Schicksal der Reichsstadt mitbestimmt [10]. Der berühmteste dieser Ratsherren war der von Albrecht Dürer porträtierte Hieronymus Holzschuher. Er lebte von 1469 bis 1529 [11].
Wie das 'Handlungsbuch' der Holzschuher von 1304-1307, das älteste vollständig erhaltene Kaufmannsbuch des deutschsprachigen Raums [12], belegt, existierte schon sehr früh eine Handelsgesellschaft der Holzschuher, die vor allem mit flandrischem Tuch handelte, aber auch in Geldgeschäften aktiv war [13]. Die Holzschuher und ihre Handelsgesellschaften traten vom 14.-16. Jahrhundert im gesamten von Nürnberger Firmen besuchten Handelsraum auf; d.h. von Skandinavien bis Sizilien und von Lissabon bis Konstantinopel. Lange Zeit blieben Tuche bevorzugte Handelsgüter. Ab Mitte des 14. Jahrhundert kamen Gewürze hinzu, und seit den 1480er Jahren engagierten sich die Holzschuher immer stärker im Warenhandel aus Osteuropa (u.a. Felle, Häute, Pelze, Leder, Wachs) und im Kupfergeschäft. Seit 1485 betrieben sie eine Messinghütte in Eisfeld/Thüringen und seit Mitte des 16. bis Anfang des 17. Jahrhunderts Hämmer und Hütten im Nürnberger Landgebiet. Ebenso besaßen sie Bergwerksbeteiligungen in Böhmen, Kärnten und der Steiermark [14]. So enthält das dem Stadtarchiv Nürnberg überlassene Archiv einen umfangreichen Komplex an Archivalien über die Beteiligung der Holzschuher am Bergbau im böhmischen Schlaggenwald und Schönfeld vom 16. bis zum 19. Jahrhundert.
Einer der bedeutendsten Kaufleute der Familie war der Finanzpolitiker und Techniker Bertold Holzschuher (1511-1582) [15]. Er konstruierte im steiermärkischen Montanrevier für die Arbeitserleichterung und Effizienzsteigerung im Bergbau automobile Wagen, Arbeitsmaschinen, Zahnräder und Hebewerkzeuge. Er unterbreitete aber auch 1566 dem Reichstag Pläne für eine erste allgemeine Lebensversicherung [16].
Mitglieder der Familie Holzschuher, die sich in fürstliche Dienste begaben, findet man überwiegend am Kaiserhof bzw. in kaiserlichen Diensten, so z. B. beim Entsatz Wiens gegen die Türken im 16. Jahrhundert [17]. Bisweilen greifen sie aber auch weit über diesen Aktionsradius hinaus: So bekleidete Eitel Georg Holzschuher (+1559) das Kanzleramt beim Bischof von Ösel in Livland [18], und Wolf Holzschuher (+1547) kämpfte als Ritter des Königs von Portugal in Nordafrika gegen die Mauren [19].
Um 1400 erwarben die Holzschuher Besitz in Almoshof. Das von ihnen 1692/93 errichtete Schloß wurde 1941 an die Stadt Nürnberg verkauft und wird heute als Kulturladen genutzt [20]. Ebenso besaßen die Holzschuher die drei Herrensitze zu Fischbach (bis 1497/1537) und 1518 das später so genannte Hallerweiherhaus bei St. Peter. Namengebende Sitze der Familie wurden Neuenbürg bei Weisendorf (1613-1703), Thalheim bei Hersbruck (1621-1909), Aspach (heute Asbachhof, Stadt Uffenheim 1707-1783) und Harrlach bei Allersberg (1727-1874). Seit 1931 sind die Holzschuher wieder in Besitz von Schloss Artelshofen, das sie bereits ab 1531 für vier Jahre inne hatten. Seit 1532 ist die „Holzschuherkapelle“ auf dem Johannisfriedhof die Grabkapelle der Familie [21]. Diese Besitzungen (hauptsächlich Lehensbesitz) sind ausführlich in dem überlassenen Patrizierarchiv dokumentiert.
Über ihre Landgüter Neuenbürg, Aspach und Vestenbergsgreuth gehörten Mitglieder der Familie im 17. und 18. Jahrhundert der Fränkischen Reichsritterschaft an. 1815 wurden die Holzschuher als Edle in die bayerische Adelsmatrikel aufgenommen und 1819 in den Freiherrenstand erhoben [22].
Das jetzt vom Stadtarchiv Nürnberg verwahrte Holzschuherarchiv lässt sich in drei Teile gliedern:
Insgesamt sind so 2001 ca. 800 Pergamenturkunden und ca. 40 laufende Regalmeter Quellen zur Nürnberger Geschichte nach Nürnberg zurückgekehrt. Das Stadtarchiv Nürnberg kann damit seine historischen Bestände um das Archiv einer der bedeutendsten Nürnberger Patrizierfamilie erweitern und verwahrt nun mit den Archiven der Nürnberger Patrizierfamilien Behaim [23], Grundherr [24], Holzschuher [25], Loeffelholz [26], Peller [27], Praun [28], Rieter [29], Tetzel [30] und Tucher [31] bereits einen überwiegenden Anteil der Überlieferung der die Geschicke der Reichsstadt bestimmenden Kräfte.
Als Grundlage einer Verzeichnung des Holzschuherarchivs dienen eine pauschale Titelaufnahme ohne Nummernkonkordanz – erarbeitet im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg 1942 – sowie die historischen Aktentitel, soweit solche vorhanden sind. Die ca. 500 Urkunden des engeren Familienarchivs aus den Jahren 1307 bis 1848 wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Aussteller, Inhaltsschlagworte und Ausstellungsdatum – jeweils auf dem Urkundenumschlag verzeichnet – erschlossen. Ferner existiert für die Urkunden ein alphabetischer Index (Orts- und Personennamen), der ebenfalls im Germanischen Nationalmuseum angelegt und 1948 im Staatsarchiv Nürnberg verbessert wurde. Das Gutsarchiv Artelshofen ist völlig unerschlossen.
© Genehmigter Abdruck aus der Veröffentlichung: "Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg (MVGN)" 89 (2002), S. 63-66
Stadtarchiv Nürnberg
Archivadresse:
Stadtarchiv Nürnberg
Marientorgraben 8
D - 90402 Nürnberg
https://www.nuernberg.de/internet/stadtarchiv/
Im Stadtarchiv Nürnberg lagert der umfangreiche Hauptnachlass der Familie Holzschuher.
Bestandsübersicht zu Holzschuher:
Bestandsgruppe: E 49 - Familienarchiv Holzschuher
Stand: 32.05.2022
Bilder (2): © Familienarchiv Holzschuher im Stadtarchiv Nürnberg
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