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von Holzschuher


Biographische Darstellung


Die Holzschuher sind ein heute noch blühendes Nürnberger Patriziergeschlecht, das mit Heinrich schon vor 1228 auftritt, höchstwahrscheinlich aus dem Reichsdienstmannenstand stammt und zu den ältesten Ratsgeschlechtern der Reichsstadt mit zeitweise vier Linien zählt; es sitzt seit mindestens 1317 bis 1806 fast dauernd im Rat und stellt der Reichsstadt bewährte Bürgermeister und Diplomaten, zum Beispiel Hieronymus ( 1529), dessen Porträt (1526) von Albrecht Dürer weltbekannt ist. Sie betätigen sich schon früh im Handel, wie das sogenannte Holzschuherbuch von 1304-07, das älteste, vollständig erhaltene Kaufmannsbuch Deutschlands, beweist. Es ist das lateinisch abgefaßte Schuldkontobuch der Firma, das von vier Gesellschaftern der gleichen Familie einschließlich einer Ehefrau geführt wird. Hauptsächlich werden flandrische Tuche, insgesamt 5 886 Ellen, auf Borg verkauft an 445 Kunden (Adel, Geistliche, Bürger) der Stadt und des Umlands, aber auch Geldgeschäfte betrieben (Geschäfte auf Borg in circa 4 Jahren circa 1, 4 Millionen Silberhaller). 1350 verkauft Heinrich ( 1359) geliehene Gewürze für die Stadt Nürnberg. Die Holzschuher und ihre Handelsgesellschaften treten vom 14. bis 16. Jahrhundert in fast allen von Nürnbergern besuchten Landschaften Europas auf. 1485 begründen Georg (1526) (1470 Jerusalempilger; bis 1484 im Rat) und der Nürnberger Ulrich Erckel eine Messinghütte in Eisfeld (Thüringen). Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts bis zum Ende des 17. Jahrhunderts betätigen sich die H. in Bergwerken in Gotteszell und Kupferberg (Böhmen) und etwa von 1584 bis 1607/08 in Kupferwerken bei Stift Neuberg an der Mürz, vor allem Hieronymus der Ältere (1538–98) und Lazarus ( 1595).


Zahlreiche Holzschuher waren als Kriegsleute, Diplomaten und Kaufleute in vielen Ländern Europas anzutreffen, unter anderem Wolf ( 1547) im Kampf für Portugal gegen die Sarazenen, Georg (1509–59) als livländischer Kanzler, und reisten nach Indien, Palästina und Ägypten. Seit 1806 waren viele Beamte, Offiziere und auch weiterhin Unternehmer, so der Politiker und Advokat Dr. iur. Rudolf Sigmund (1777–1861), Karl (1782–1867) württembergischer Staatsrat und Regierungspräsident. Wegen ihrer Landgüter waren sie im 17./18. Jahrhundert auch Mitglieder der Reichsritterschaft in Franken. 1693 erbauten sie ein heute noch bestehendes Schlößchen in Almoshof.


Lazarus (1487–1523) verfaßte seit 1506 ein von Hans von Kulmbach illustriertes Familienbuch samt „Beschreibung der 1511 lebenden ehrbaren Personen in Nürnberg“; der Ratsherr Veit (1510–80) ließ 1563-65 ein von einem unbekannten Künstler koloriertes Geschlechter- und Wappenbuch anlegen. Als einziges Geschlecht in reichsstädtischer Zeit Nürnbergs ließen die H. eine Familiengeschichte drucken, und zwar die „Historia genealogica Holzschuherorum“ (1755, mit Urkundenanhang von J. Ch. Gatterer). Christoph Siegmund (1729–79), Waagamtmann und Schriftsteller, sammelte eine juristische Deductionsbibliothek von Deutschland (2 Teile, 1778). Das Geschlecht gab den Auftrag für wertvolle Kunstgegenstände (Flötnerpokal, Flötnerschrank) und stiftete schon seit dem 14. Jahrhundert Heiligenstatuen und Glasfenster, Altäre und Pfründen in Kirchen (Sebalduskirche, hier bereits 1309 Kirchenpfleger). Im 17. Jahrhundert legten die H. eine Kupferstichsammlung (1801 an die Stadtbibliothek) und eine Noricasammlung (zum Teil an die Stadt Nürnberg) an. Sie erwarben als Grablege eine 1513-15 von Hans Marschalck von Rauheneck errichtete Heiliggrabkapelle auf dem Johanniskirchhof (seit 1925 Eigentum der Stadt Nürnberg).


Literatur


A. Chroust u. H. Proesler, Das Handlungsbuch d. H. in Nürnberg v. 1304–07, 1934;
W. Kraft, Holzschuherbuch, in: Mitt. d. Ver. f. d. Gesch. d. Stadt Nürnberg 32.1934;
W. Schultheiß, Gewürzhandelsrechnung, ebd. 50, 1960;
H. Ammann. Die wirtsch. Stellung d. Reichsstadt Nürnberg im SpätMA, 1970;
W. v. Stromer, Oberdt. Hochfinanz 1350-1450, 3 Bde., 1970.
Fam.archiv Artelshofen (Mittelfranken).



Autor: Schultheiß, Werner, "Holzschuher, von" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 579 [Online-Version];

URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd124886574.html#ndbcontent  (CC BY-NC-ND 3.0 DE)

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Berthold von Holzschuher

Finanzpolitiker und Techniker, * 1511 Nürnberg, † 15.1.1582 Stollhofen (Steiermark).


Genealogie


Vater: Lazarus († 1523), Ratsherr in Nürnberg;
Mutter: Catharina, T d. Joh. Bühl in Landshut u. d. Margaretha Haller;
⚭ 1) 1538 Brigitte (1517–49), T d. Jacob Welser u. d. Ehrentraud Thumer v. Thumenberg,

⚭ 2) 1551 Ursula († 1557), T d. Hans Ebner v. Eschenbach u. d. Ursula Harßdörfer;

1 Sohn, 2 Töchter aus 2. Ehe).


Biographische Darstellung


Holzschuher war seit 1539 Assessor am Land- und Bauerngericht, seit 1542 am Stadt- und Ehegericht in Nürnberg. 1548 trat er in den Rat von Nürnberg ein und wurde 1551 junger Bürgermeister, wurde aber bereits 1552 wegen der Verweigerung des Abschlusses eines wenig ehrenvollen Friedensvertrages mit Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach aus seinen Ämtern entlassen. Von dieser Zeit an widmete er sich der Ausbeutung seiner Bergwerke in der Steiermark und seinen zahlreichen Projekten. In einem 1558 verfassten Manuskript (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum) legte H. eine Reihe mechanischer Erfindungen in Zeichnung und Beschreibung nieder, darunter einen Kampf- und Kriegswagen, den er „Basilischko“ nannte, Greif- und Hebewerkzeuge sowie ein Mühlenwerk. Seine Bemühungen um die Salzerzeugung im Bistum Würzburg führten 1563 zur Errichtung der Kissinger Salinen.


Den Plan eines Zwangssparens mit versicherungsähnlichem Charakter für eine Aussteuer entwickelte H. 1565 in Denkschriften an den Rat der Städte Hamburg, Lübeck und Nürnberg, an Herzog Johann Albrecht I. von Mecklenburg und andere Fürsten. Das Unternehmen sollte in erster Linie der Hebung der öffentlichen Finanzen dienen; neben diesem finanzpolitischen stand aber auch ein sozialer Zweck. H. ging davon aus, dass das Volk früh und mittellos heirate und deshalb den zahlreichen Kindern nichts hinterlassen könne. Um dieser Armut abzuhelfen, hätten Eltern oder Paten für jedes neugeborene Kind 1 Taler einzuzahlen; sobald die Kinder heirateten, sollten sie die dreifache Summe zurückerhalten, ohne dass ein Unterschied zwischen Mädchen und Knaben gemacht werden sollte. Der Vorschlag stellt insofern bereits eine Verkörperung des Versicherungsgedankens dar, als H. sich mit der Verzinsung, der Kapitalanlage, dem Risiko und der Wahrscheinlichkeit beschäftigte; er war der Ansicht, dass nur die Hälfte aller Kinder das heiratsfähige Alter erreichen werde und viele überhaupt nicht heiraten würden. Der Gewinn werde der öffentlichen Hand zugute kommen. Obwohl H. Gelegenheit hatte, das Projekt 1566 auf dem Reichstag in Augsburg vorzutragen, wurde es nicht verwirklicht.


Literatur


V. Ehrenberg, Ein finanz- u. sozialpol. Projekt aus dem 16. Jh., in: Zs. f. d. gesamte Staatswiss. 46, 1890;
L. Krieg, Die „Erfindung“ d. B. H. -
Eine Finanzreform d. 16. Jh., in: Vj.schr. f. Sozial- u. Wirtsch.gesch. 13, 1916;
H. Schmitt-Lermann, Der Versicherungsgedanke im dt. Geistesleben d. Barock u. d. Aufklärung, 1954;
W. Fiedler, Die Gesch. d. Versicherungswesens d. Reichsstadt Nürnberg, jur. Diss. Erlangen 1958;
H. Braun, Gesch. d. Lebensversicherung u. d. Lebensversicherungstechnik, ²1963, S. 46;
M. Rauck, Als d. Automobile noch keine Motoren hatten - Ein Btr. z. Vorgesch. d. Kraftfahrzeuges, in: Das Schnauferl 12, 1964, Nr. 5, S. 6;
H. Kummert, Nürnberger Montanunternehmer in d. Steiermark, in: Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt Nürnberg 53, 1965;
P. Koch, Pioniere d. Versicherungsgedankens, 1968, S. 20-25 (L, P).



Autor: Koch, Peter, "Holzschuher, Berthold von" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 579-580 [Online-Version];

URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd131653725.html#ndbcontent (CC BY-NC-ND 3.0 DE)

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